Begleitprogramm zum studentischen Projekt

Das Museum Industriekultur Wuppertal ist seit 2021 Mitglied in der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft "Orte der Demokratiegeschichte". Damit sind wir nun Teil eines nationalen Netzwerks, dessen Ziel es ist, die Wahrnehmung der deutschen Demokratie- und Freiheitsgeschichte lokal, regional und deutschlandweit zu fördern und darüber demokratische Teilhabe und Zivilcourage anzuregen. 

In Kooperation mit Beatrix Burghoff (Bergisches Kolleg Wuppertal) und Prof. Dr. Wolfgang Heinrichs (Bergische Universität Wuppertal) wurde 2023 ein studentisches Projekt gestartet, um Orte der Demokratiegeschichte in Wuppertal zu identifizieren, zu erforschen und zu vermitteln. Exemplarisch wurden acht Orte ausgewählt, an denen historische Ereignisse stattfanden, die für die Demokratiegeschichte in Wuppertal relevant sind und/oder Orte, die die Wurzeln und Entwicklung unserer Demokratie vermitteln. Dazu zählen das Engels-Haus, das Barrikadendenkmal in Elberfeld, die börse, der Hammer Verlag, der Helene-Weber-Platz, das Schauspielhaus, die Konsumgenossenschaft Vorwärts und die Gemarker Kirche. Ziel wird es sein, diese Liste der Orte der Demokratiegeschichte in Wuppertal kontinuierlich zu erweitern und daraus eine Route der Wuppertaler Demokratiegeschichte zu entwickeln.

Das Projekt wird großzügig vom Förderverein Historisches Zentrum e.V. und der Sparkasse Wuppertal gefördert.

Der gesamte Flyer kann als PDF hier heruntergeladen werden. 

 


Engels-Haus

Vortrag am 28.11.2023 und Führungen durch den Engelsgarten

Vortrag: Friedrich Engels und die europäischen Demokratiebewegungen seiner Zeit
Dr. Jürgen Herres

Frankreich gewährte 1792 erstmals in Europa das allgemeine (Männer-)Wahlrecht. Damit wurde »Demokratie« zu einem neu definierten Begriff. In Großbritannien traten die Chartisten seit 1838 für ein demokratisches Wahlrecht ein. Zugleich politisierte sich mit der Industrialisierung das Soziale. Sozialismus und Kommunismus wurden Sammelbegriffe für radikale Gesellschaftsreformen. Vor diesem Hintergrund bespricht der Historiker Dr. Jürgen Herres das Verhältnis von Friedrich Engels zu den europäischen Demokratiebewegungen des 19. Jahrhunderts und diskutiert, inwieweit Engels aus heutiger Sicht ein »Demokrat« war. 

Dr. Jürgen Herres, Autor und Historiker, von 1994 bis 2021 Mitarbeiter der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Vorhaben Marx-Engels-Gesamtausgabe. Zuletzt erschien von ihm: Marx und Engels. Porträt einer intellektuellen Freundschaft. Ditzingen: Reclam 2020.

Termin: Dienstag 28.11.2023, 19 Uhr
Ort: Stadtbibliothek Wuppertal, Zentralbibliothek, Kolpingstraße 8, 42103 Wuppertal

 

Führung Engelsgarten

Das Museum Industriekultur bietet regelmäßig Führungen zum Erinnerungs- und Gedenkort Engelsgarten an. Nähere Informationen finden Sie hier.

Termine: Samstags: 10. Juni; 8. Juli; 12. August; 9. September; 14. Oktober 2023 jeweils 14:00 Uhr.
Als Gruppe auch frei über den Besucherservice buchbar.
Treffpunkt: Engelsgarten, Engelsstraße, Plastik von Alfred Hrdlicka "Die starke Linke"
Kosten: 10 €; ermäßigt 5 €


Peter Hammer Verlag

Podiumsdiskussion 08.12.2023

Der evangelische Jugenddienst Verlag in Wuppertal, der u.a. vom gelernten Buchhändler Johannes Rau zunächst als Geschäftsführer, später als Mitglied des Vorstands und schließlich als Direktor geleitet wurde, ging 1967 in den Peter Hammer Verlag unter der Leitung des ebenfalls ausgebildeten Buchhändlers Hermann Schulz über. Er gab 34 Jahre lang den Autorinnen und Autoren vieler Länder, in denen Demokratie unterdrückt wurde, in Wuppertal eine Stimme. Damit förderte er auch das demokratische Bewusstsein und die Bereitschaft, an demokratischen Prozessen mitzuwirken, in Deutschland. So ermöglichte er den Nicaraguanern und Deutschen gleichzeitig Emanzipationsprozesse mit der frühen Veröffentlichung der Schriften des Priesters, Kulturpolitikers und Dichters Ernesto Cardenal, der mit seinem Volk um die Befreiung von der brutalen Somozadiktatur kämpfte. Mit ihm waren Hermann Schulz und sein damaliger Mitarbeiter, der Autor und Übersetzer Lutz Kliche, bis zu dessen Tod im Jahr 2020 eng befreundet und wissen viel über die Zusammenarbeit zu berichten. Ein wesentlicher Teil des Verlagsprogramms ist seit Beginn auch afrikanischen Autorinnen und Autoren vorbehalten.

Deutsche Stimmen mit emanzipatorischem gesellschaftspolitischen Anspruch fanden ebenfalls ihren Platz im Peter Hammer Verlag. So erlaubte Armin T. Wegener diesem Verlag als einzigem nach 1945 seine Bücher herauszugeben. Ebenso emanzipatorisch ausgerichtet waren die Kinderbücher, die Hermann Schulz in das Verlagsprogramm aufnahm. Besonders bekannt war und ist Wolf Erlbruchs Bilderbuch „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“. Monika Bielstein übernahm die Verlagsleitung im Jahr 2001 von Hermann Schulz und führte das gesellschaftlich demokratisch ausgerichtete Verlagsprogramm weiter ebenso wie seit Kurzem ihr Nachfolger Moritz Klein. Die bekannte Theologin Dorothee Sölle schrieb: „Am liebsten würde ich […] den Peter Hammer Verlag […] eine Importfirma für Hoffnung und ähnliches Gemüse nennen. 'Opitmismus statt Einschüchterung' ist bis heute seine Losung geblieben. “ [Dorothee Sölle: Gegenwind. Erinnerungen, Hamburg 1995]

Termin: 08.12.2023, 17:00 Uhr
Ort: Vortragssaals der Universitätsbibliothekibliothek


Schauspielhaus Wuppertal

Matinee: Januar 2024

Schauspielhaus: Ein Ort der Demokratiegeschichte

Das Schauspiel der Wuppertaler Bühnen, das 1945 nach der Befreiung vom Nationalsozialismus als eine der ersten Bühnen Deutschlands unter der Intendanz von Erich Alexander Winds wieder den Vorhang hob, agierte bis heute an unterschiedlichen Spielorten in Elberfeld und Barmen. Ein besonders prominenter Ort wurde das Schauspielhaus an der Friedrich-Engels-Allee, das – durch seine Architektur besondere Transparenz vermittelnd - 1966 mit der Rede von Heinrich Böll über die Freiheit der Kunst eröffnet wurde. Was Böll hier sagte, könnte auch bereits programmatisch für das Kulturfestival Urbs 71 fünf Jahre später stehen. Die Kunst, so Böll, „muss immer über Grenzen gehen, sie kennt keine Ruhe, und es gibt keine. Und in diesem Sinne kann ich der Stadt Wuppertal
nur wünschen, dass auf dieser Bühne keine Ruhe gegeben und zu weit gegangen wird.“

Bis zur Rede Bölls hatte sich das Schauspiel langsam aber sicher aus der „Kunst“ des Nationalsozialismus hin zur Kunst in der Demokratie entwickelt. Dabei bezog es auch die Jugend mit ein, die sich aus nationalsozialistisch geprägter Mentalität befreien wollte und musste. So stellte sie der jungen Künstlergruppe „Der Turm“ um Paul Pörtner ein Schauspielstudio zur Ausbildung zur Verfügung. Nicht nur entwickelten sich hier in der Bundesrepublik bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler wie Xenia Pörtner und Harald Leipniz, sondern auch Paul Pörtners Weg zum experimentellen Theater und demokratischen Mitspieltheater begann hier. Karl Otto Mühl, der dem „Turm “ seit 1947 angehörte, startete bei den Wuppertaler Bühnen 1973 seine Karriere als Theaterautor mit dem Stück „Rheinpromenade“, das benachteiligten kleinbürgerlichen Figuren auf der Bühne eine Stimme gibt. Im Engelsjahr 1970 kam es mit der Inszenierung des kommunistischen Stückes „Der Stern wird rot“ von Sean O`Casey zu großer Empörung des eher konservativ eingestellten Wuppertaler Publikums, was zur öffentlichen Auseinandersetzung und damit zur weiteren Demokratisierung durch das Schauspiel führte. Diese und andere geschichtliche Entwicklungen der Demokratiegeschichte im Wuppertaler Schauspiel werden thematisiert bei einer Matinee im Schauspielhaus Januar 2024.

Termin: Sonntag 21.01.2024, 11 Uhr 
Ort: Ort Pina Bausch Zentrum/ehemaliges Schauspielhaus Wuppertal, Bundesallee 260, 42103 Wuppertal


Rückblick

Konsumgenossenschaft Vorwärts

Vortrag und Führung am 28.10.2023

Die ehem. Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ – ein Ort der „Demokratie von unten“

Die Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ entstand um 1900 aus der sozialistischen Arbeiterbewegung. Sie war vor allem eine wirtschaftliche Selbsthilfeorganisation, doch stand zugleich für die Bestrebungen, neben der politischen Demokratie auch die Wirtschaft zu demokratisieren. Das Baudenkmal und die Dauerausstellung dokumentieren Erfolg und Niedergang des Projekts. Die Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ war vor allem eine wirtschaftliche Selbsthilfeorganisation, doch stand sie zugleich für den Anspruch allgemeiner Demokratisierung von Staat und Wirtschaft.

Bei der Veranstaltung am Samstag, dem 28.10.2023, soll dieser Zusammenhang in den Vordergrund gestellt werden.

Dr. Joachim Beerhorst, Dozent an der Europäischen Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main und ehem. Leiter der Abt. Aus- und Weiterbildung für Hauptamtliche beim Vorstand der IG Metall spricht über das Konzepts der Wirtschaftsdemokratie in der deutschen Arbeiterbewegung und wie diese Erfahrungen angesichts industrieller Umbrüche heute wieder fruchtbar gemacht werden könnten.

Die Veranstaltung wird umrahmt mit musikalischen Beiträgen aus den Kämpfen für mehr Demokratie  (Uli Klan angefragt) und natürlich gibt es Gelegenheit zur Diskussion. Nach der Veranstaltung werden Führungen durch die Ausstellung und über das Gelände angeboten.

 

Termin:  Samstag, 28.10.2023, 15:00 Uhr

Ehemalige Zentrale der Konsumgenossenschaft „Vorwärts“
Münzstr. 51-53, 42281 Wuppertal

Programm bis 16:30 Uhr, anschließend für Interessierte Führungen

 


Gemarker Kirche

Vortrag am 26.10.2023 und Themenführungen

Vortrag: „Keine Herrschaft … über die anderen“ (Barmer These 4). Barmen als Erinnerungsort eines kirchengeschichtlichen Ereignisses
Ein Vortrag von Prof. Dr. Matthias Freudenberg

 Ende Mai 1934 wurde Barmen zu einem besonderen Ort für die evangelische Kirche: Abgeordnete der Bekennenden Kirche trafen sich hier, um der nationalsozialistischen Reichskirche die „Barmer Theologische Erklärung“ entgegenzusetzen. Sie bekannten sich zur Geltung des Evangeliums und wandten sich gegen ein Führeramt in der Kirche. Im Zentrum der sechs Thesen der Erklärung steht die Überzeugung, dass eine gleichgeschaltete Kirche ausgeschlossen ist (These 3) und kirchliche Ämter keine Herrschafts-, sondern Dienstfunktionen sind (These 4). Fast 90 Jahre später bleiben diese Thesen aktuell. Sie lassen danach fragen, welches Potenzial demokratische und auf Partizipation ausgerichtete Strukturen in Kirche und Gesellschaft haben.

Prof. Dr. Matthias Freudenberg ist Landespfarrer in der Evangelischen Studierendengemeinde Saarbrücken sowie Lehrbeauftragter im Fach Systematische Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal und an der Universität des Saarlandes. Er ist Autor zahlreicher Werke zur reformierten Theologie und Kirchen von der Reformation bis zur Gegenwart.

Termin: Donnerstag 26.10.2023, 19 Uhr
Ort: Gemarker Kirche, Zwinglistr. 5
Kontakt: Telefon: 0202-97 440 805, E-Mail: info@barmen34.de

 

Themenführung: Wer glaubt, übernimmt Verantwortung.
Themenführung durch die Ausstellung „Gelebte Reformation. Die Barmer Theologische Erklärung“ mit Projektleiterin Barbara Herfurth

In der Gemarker Kirche verabschiedete die Bekennende Kirche am 31. Mai 1934 die Barmer Theologische Erklärung. Sie richtet sich gegen die Vereinnahmung der evangelischen Kirche durch den nationalsozialistischen Staat, gegen Führerkult und diktatorische Eingriffe. Die Themenführung fragt nach: Welches Verständnis von Amt und Dienst hatte die Kirche damals? Wie stand die Kirche zur politischen Demokratie? Und mit Blick in die Gegenwart: Welche Orientierung gibt der christliche Glaube heute? Wo sieht die Kirche ihre Aufgabe im demokratischen Staat?

Termin: Freitag 8.9.2023, 15-16 Uhr und Dienstag 12.9.2023, 16-17 Uhr
Ort: Gemarker Kirche, Ausstellung, Zwinglistr. 5 (Eingang Weltladen)
Kontakt: Telefon: 0202-97 440 805, E-Mail: info@barmen34.de


Ausstellung zum Kunst- und Kulturfestival Urbs71

11.Juni - 31. August

Bereits seit dem Jahr 1968 plante der damalige Kulturdezernent der Stadt Wuppertal, Dr. Dr. Klaus Revermann in Zusammenarbeit mit mehreren Städten aus Nordrhein-Westfalen ein großes Kulturfestival zum Thema „Arbeit und Gesellschaft“. Es sollte in Wuppertal stattfinden, und die Bewohner*innen der weiteren teilnehmenden Städte sollten durch einen kostenlosen Bustransfer dorthin gebracht werden. Beteiligt waren außer Wuppertal die Städte Bochum, Dortmund, Köln, Krefeld und Oberhausen. Neben modernem Theater, neuer Musik und Kunst von etablierten und (noch) nicht etablierten Künstler*innen und Institutionen sollten vor allem auch die Bürger*innen der Städte zu Wort kommen. Die Wochenzeitung DIE ZEIT berichtete: „Urbs – für jeden etwas. Nicht Kulturschau will die Sechs-Städte-Veranstaltung sein, sondern es sollen Anregungen zum Mitmachen und Mitdenken gegeben werden.“

Die Ausstellung wird gemeinsam veranstaltet vom Zentrum für Stadtgeschichte und Industriekultur der Stadt Wuppertal, vom Katholischen Bildungswerk Wuppertal/Solingen/Remscheid sowie von Prof. Dr. Wolfgang Heinrichs mit Studierenden der Bergischen Universität und Beatrix Burghoff mit Studierenden des Bergischen Kollegs Wuppertal. Die Ausstellung stellt auf mehreren Tafeln - thematisch gegliedert – das Programm des Festivals, seine Entstehung und die Rezeption dar.

Ausstellungsorte 

  • Katholischen Stadthaus, Laurentiusstraße 7, 42103 Wuppertal.
    Mi. 14. Juni 2023: 14:00-16:00 Uhr
    Mi. 21. Juni 2023: 10:00-12:00 Uhr & 14:00 - 16:00 Uhr
    sowie bei Veranstaltungen 11.-23. Juni 2023

  • "die börse" - Kommunikationszentrum, Wolkenburg 100, 42119 Wuppertal: vom 18. bis 31. August 2023, Mo. - Fr.: ab 15:00 Uhr 
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