Die amtierende Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Gründung einer Bundesstiftung industrielles Welterbe festgeschrieben. Anlässlich der Frage der Ausgestaltung dieser Stiftung, hat das Netzwerk Industriekultur Bergisches Land, dessen Mitglied das Museum Industriekultur Wuppertal ist, nun folgende Stellungnahme herausgegeben:
Das Industriezeitalter hat deutschlandweit beeindruckende Bauwerke, Anlagen und Kulturlandschaften hinterlassen. Die Stätten der Industriekultur sind von internationaler Bedeutung für die Geschichts- und Erinnerungskultur. Aktuell befindet sich unsere Gesellschaft in einer tiefgreifenden Transformation, in der die Industriekultur mit ihren materiellen und immateriellen Zeitzeugnissen ein Schmelztiegel für die Fragen von heute und morgen ist, denn sie beschäftigt sich nicht nur mit einer traditionellen Kulturgeschichte des industriellen Zeitalters. Vielmehr entwickeln sich die industriekulturellen Stätten vielerorts zu Zukunftslaboren für künftige Arbeits- und Lebenskonzepte. Sie stehen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt im postfossilen Zeitalter und sind Orte einer neuen Auseinandersetzung der Zivilgesellschaft mit gesellschaftlicher Transformation, Nachhaltigkeit und Klimaschutz bzw. -anpassung. Für diese notwendige Neuausrichtung und die damit verbundenen Aufgaben bedarf es dringend der Stärkung der industriekulturellen Landschaft, die wie kaum ein anderer Kulturbereich regional und gesellschaftlich breit verankert ist und stark von ehrenamtlichem/bürgerschaftlichem Engagement lebt, und damit einer verstärkten Förderung durch den Bund.
„Das Netzwerk Industriekultur Bergisches Land e.V. begrüßt die Gründung einer Bundesstiftung Industriekultur. Wir halten es für wichtig, dass sich die v.a. lokale und regionale Struktur der Industriekultur-Akteure bei der Konstitution der Bundesstiftung Industriekultur widerspiegelt.“ so Dr. Lars Bluma, Vorsitzender des Netzwerk Industriekultur Bergisches Land.
„Die von einem breiten Bündnis getragene „Nürnberger Erklärung zur Industriekultur in Deutschland“ bekräftigt die Bedarfe für eine Förderung der Industriekultur-Landschaft auf Bundesebene (Bundestiftung Industriekultur) und bildet, zusammen mit dem von allen Fraktionen des Bundestages am 22.06.2021 gebilligten Antrag „Industriekultur in Deutschland gezielt fördern“ auch aus Sicht des Netzwerks Bergisches Land e.V. eine gute Grundlage für deren zukünftige Ausgestaltung und Ausstattung.“ so Bluma weiter.
Das Ergebnis des gemeinsamen Abstimmungsprozesses ist die „Nürnberger Erklärung zur Industriekultur in Deutschland“. Diese wurde Ende März 2023 bei einem Treffen vieler Akteurinnen und Akteure im Industriemuseum der Stadt Nürnberg verabschiedet. Die Unterzeichnenden der Nürnberger Erklärung repräsentieren die gesamte Vielfalt industriekultureller Akteure und Einrichtungen in Deutschland bis hin zu den sieben Welterbestätten der Industriekultur. Die darin enthaltenen Vorschläge zur Ausrichtung einer bundesweiten Vertretung und Förderung der Industriekultur basieren auf den Ergebnissen einer Anfang 2023 durchgeführten Umfrage. Daran beteiligten sich über 150 Organisationen, Verbände und Akteurinnen und Akteure der Industriekultur.
Besondere Schwerpunkte der Stiftung sollten auf folgenden Bereichen liegen:
- Vergabe der Bundesförderung: Eine Bundesstiftung sollte Programmlinien für das Feld der Industriekultur erarbeiten und danach die Mittel vergeben.
- Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Information und Beratung zu Fördermitteln: Der Befragten halten eine solche zentrale und in Sach- und Fachfragen kompetente Anlaufstelle für sinnvoll und notwendig.
- Erarbeitung gemeinsamer Projekte und Standards: Eine fachlich wie organisatorisch breit aufgestellte nationale Plattform für Industriekultur sollte Qualitätsstandards für Förderung und Erhalt der Industriekultur definieren.
- Gemeinsames Kultur- und Tourismusmarketing: Es gibt ein deutliches Potenzial für Content-Kampagnen, die von der Bundesstiftung initiiert und koordiniert werden können.
- Wissensplattform für die Förderung und den Erhalt von Industriekultur: Einschlägige Tagungen, Kongresse und Workshops sollten verstärkt bundesweit angeboten werden.
Die komplette „Nürnberger Erklärung“ finden Sie hier. Weitere Informationen zum Netzwerk Industriekultur Bergisches Land finden Sie hier.