Das EU-Projekt ViRAL

Stadtarchive haben neben der Aufgabe Archivbestände zu sichern und zugänglich zu machen auch einen Auftrag als Bildungspartner. Neben Veranstaltungen, Beiträgen  und Vorträgen zur Geschichte der Region geben Archive interessierten Bürgerinnen und Bürgern auch Einblicke in ihre Arbeit. Besonders wichtig aber sind Archive für Schulen als außerschulische Lernorte. Das Stadtarchiv Wuppertal nimmt diesen Auftrag unter anderem durch Schulpartnerschaften wahr – so können Schülerinnen und Schüler mit Originalquellen arbeiten und gemeinsam mit dem Stadtarchiv in spannenden Projekten zusammenarbeiten.

Einen Beitrag zur Bildung leistet  auch das europäische ERASMUS +-Projekt „Virtual Reality Archive Learning (ViRAL)“. Dieses im September 2018 gestartete dreijährige Projekt zur Erwachsenenbildung wurde vom Stadtarchiv Dornbirn in Österreich initiiert. Neben dem Stadtarchiv Wuppertal sind die University of Coventry (Großbritannien), Museum von Slawonien (Kroatien), Museum Fábrica Grande (Portugal), E-Learning Studios in Coventry(Großbritannien) und Elderberry AB (Schweden) weitere Partner des Projektes. Gemeinsam soll eine digitale Lernplattform entwickelt werden, die zum Lernen einlädt, motiviert und qualifiziert.

Das Projekt ViRAL steht unter dem Leitsatz „Die Industriegeschichte wird mit der Zukunft verknüpft“. Mit dem Ziel,  die „Schätze“ des industriellen Erbes zu heben, lokale Industriegeschichte erlebbar zu machen, wird das kulturelle Erbe der postindustriellen Regionen Europas gesammelt, untersucht und dokumentiert. Schließlich sollen die gesammelten Beiträge online zugänglich gemacht werden. Interessierte können neue Schlüsselkompetenzen mit den digitalen Werkzeugen Virtuial Reality, Augmented Reality und 360-Grad-Filme entwickeln und hochwertige Lernmaterialien nutzen.

Das Stadtarchiv Wuppertal konzentriert sich bei seinem Projektpart thematisch auf die Manufaktur der Unternehmerfamilie Engels im Barmer Bruch und die Konsumgenossenschaft „Vorwärts“. Darüber hinaus erstellt das Stadtarchiv Material zur Arbeit in einem Archiv, denn die Arbeit mit Archivalien und Quellen ist besonders herausfordernd und erfordert neben Kontextwissen oft besondere Fähigkeiten. Erste Hilfestellungen dazu werden von den Archivmitarbeitern derzeit erarbeitet. So sollen beispielsweise Lerninhalte zu verschiedenen Archivaliengattungen, wie Akten oder Fotos, verfügbar sein.

Ein kurzer Einblick zu einem thematischen Schwerpunkt: Konsumgenossenschaft Vorwärts

Die Geschichte der Konsumgenossenschaft Vorwärts in Barmen begann mit der Gründung 1899. Mit einer faszinierenden Erfolgsgeschichte entwickelte sich die Konsumgenossenschaft stetig weiter, bis 1928 der Gebäudekomplex zu klein wurde. Bei 48.000 Mitgliedshaushalten und 800 Beschäftigten war dies keine Überraschung. Das auf genossenschaftlicher Selbsthilfe beruhende Konzept sprach viele Menschen, besonders im Wuppertal, an. Angelegenheiten sollten in die „eigenen Hände“ genommen werden – das heißt Einkauf, Produktion und Verkauf wurde gemeinschaftlich organisiert und alle Mitglieder, ebenso wie die Angestellten,  sollten profitieren. So spielten neben Preisen der Arbeitsschutz und die Arbeitshygiene eine wichtige Rolle. Mit über 70 Ladenlokalen im Jahr 1912 schien das Konzept aufzugehen. Jedoch konnte der Standort Münzstraße dem Anspruch und der wachsenden Genossenschaft nicht mehr gerecht werden. Daher wurde 1928 mit den Neubau einer größeren Zentrale auf Clausen begonnen. Der alte Standort Münzstraße wurde 1933 der SA als Kaserne und Ausbildungsstätte zur Verfügung gestellt. Es wurde ein Ort politischer Verfolgung. Antifaschisten wurden in den Kellern in einem illegalen Gefängnis inhaftiert.

Heute ist die ehemalige Zentrale in der Münzstraße ein geschichtsträchtiger Ort, der dank des Fördervereins Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ Münzstraße e. V. bewahrt wird. Im Rahmen des Projektes hat das Stadtarchiv vor Ort 360°-Videos angefertigt und Interviews geführt, die online zur Verfügung gestellt werden sollen.

Die Corona-Pandemie hat auch die Projektarbeit stark beeinflusst. Geplante Meetings mussten abgesagt, Termine mit weiteren Partnern gestrichen werden. Dennoch arbeiten die beteiligten Kooperationspartner weiter an der Plattform und der erfolgreichen Fertigstellung des Projektes. Für weitere Informationen zu dem Projekt kann die Projektseite oder die Seite des Stadtarchivs Dornbirn (Österreich) besucht werden.

 

Ein kurzer Einblick zu einer Archivaliengattung: die Fotosammlung im Stadtarchiv Wuppertal:

Historische Fotografien finden sich in den meisten Archiven. Auch das Stadtarchiv Wuppertal bewahrt eine umfangreiche Sammlung von Fotografien und Postkarten. Die Bilddokumente ermöglichen, anders als Karten, Akten und anderes Schriftgut, einen visuellen Eindruck der vergangenen Zeit. In den 1830er Jahren wurden die Fotografie-Verfahren entwickelt, bereits 1840 eröffneten die ersten Fotoateliers. Zunächst nutzten hauptsächlich berühmte und wohlhabende Personen die Möglichkeit, sich ablichten zu lassen. Viele dieser Fotografien wurden kopiert und Privathaushalte damit ausstaffiert, so beispielsweise Fotografien von Kaiser Wilhelm I. Im Laufe der Zeit wurden Fotografien von Familien angefertigt und binnen 50 Jahren gehörte eine Fotografie der Familie in der Bürgerschicht zur Selbstverständlichkeit. Neben Portraits wurden zunehmend Straßen, Gebäude und Panoramaaufnahmen angefertigt. Feierlichkeiten oder Fabrikszenen wurden ebenfalls häufiger festgehalten. Die Fotosammlungen werden thematisch sortiert aufbewahrt, sodass man in Archiven beispielsweise nach alten Fotografien des Rathauses suchen kann. Bereits digitalisierte Fotos können ebenfalls in der Datenbank nach Themen oder Begriffen durchsucht werden. Auch die Fotosammlung des Historischen Zentrums sowie Bestände bekannter bergischer Fotografen wie Manfred und Waltraud Jakob (als Depositum des bergischen Geschichtsvereins) oder Max Biegel befinden sich im Stadtarchiv.

 

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